
Soviel Veränderung wie in den letzten 20 Jahren war lange nicht. Gefühlt beschleunigt sie immer noch. Die Auswirkungen lassen sich auf allen Ebenen spüren, politisch und gesellschaftlich, wirtschaftlich und persönlich. Das zwangsläufige Infragestellen bisheriger Routinen und Gewohnheiten erzeugt ein Klima der Unsicherheit in deren Folge sich kritische Situationen häufen können. Was wiederum die üblichen Reaktionsmuster nach sich zieht mit oft nur kurzfristiger Entlastung.
Stress befähigt zur Anpassung
Stress an sich ist nicht schlecht – eher im Gegenteil. Stress ist die natürliche Reaktion auf Veränderung. Stress taucht immer dann auf, wenn es darum geht sich anzupassen. Wenn Sie Pflanzen beschneiden, dann stressen Sie die Pflanze. Wenn ein heißes Eisen geschmiedet wird, dann stresst man das Material. Krankheit stresst den Körper, weil er sich anpassen muss. Der Mitarbeiter ist gestresst, wenn ein Betrieb umstrukturiert. Ein Unternehmen ist gestresst, weil die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit Anpassungsdruck erzeugt. Stress befähigt also zur flexiblen Reaktion.
Was passiert eigentlich, wenn man unter Stress steht? Bis zu einem bestimmten Grad hilft Stress echte Spitzenleistungen zu erbringen, ist sogar unentbehrlich dafür. Sportler, Künstler oder Manager erzählen immer wieder wie wichtig die Spannung vor der Performance ist, als Vorraussetzung für die hohe Konzentration. Wird allerdings die individuelle Stressschwelle überschritten, nimmt die Leistungsfähigkeit dramatisch ab. Eingeschränktes Denkvermögen, Tunnelblick und ein sehr wirksamer auf körperliche Aktivität zugeschnittener biochemischer Cocktail sind dann die klassischen Auswirkungen. Der Zugriff auf geistige Fähigkeiten wird schwer bis unmöglich und so können sich Herausforderungen schnell zu Problemen oder sogar zur Bedrohung wandeln. An manche Prüfungen, Bewerbungsgespräche oder Konfliktsituationen kann sich der eine oder andere vielleicht beispielhaft erinnern. Manchmal mehr, manchmal weniger drastisch – je nach Höhe der individuellen Stressschwelle.
Zuviel Stress killt die Produktivität
Wenn ein Unternehmen unter Anpassungsdruck und damit unter Stress steht, sind damit in Wirklichkeit natürlich die Mitarbeiter gemeint. Denn die machen ein Unternehmen aus. Und zwar auf jeder einzelnen Stelle. Während eine Krise sich außen lediglich in Form von Kennziffern manifestiert wird der tatsächliche Druck nicht selten von der Führung top-down nach unten weiter gereicht. Dorthin, wo dieser Anpassungsprozess dann auf der persönlichen Ebene ebenfalls eine Entsprechung findet. Diese kann von Spitzenmotivation bis zum Burnout reichen. Ein Übermaß an Stress ist jedenfalls nachweislich ein Produktivitätskiller. In diesem Zusammenhang passt, dass laut WHO bereits jede dritte Krankschreibung stressbedingt ist, Tendenz steigend. Insofern ist auch der Krankheitsstand in Unternehmen ein Indiz für die generelle Stressbelastung und gibt Auskunft über die Leistungsfähigkeit und den Grad sozialer Nachhaltigkeit in den jeweiligen Firmen. Aber das ist ein anderes Thema.